„Günther.Giftler, Gammler, Plattensammler“ ein Streifzug durch die Musikszene von Wien

In einem Musikblog von Büchern zu reden, nein das ist kein Widerspruch. Und dank dem wunderbaren Andi Appel kommen wir in den Genuss von einer Biographie eines Wiener Originals.

Kommentar Andi: Dies ist die Geschichte von Günther Holtschik. Kein Lexikon, keine Chronologie. Wir haben uns sehr um Authentizität und Genauigkeit bemüht. Sollten Erinnerungen und Fakten dennoch nicht immer hundertprozentig übereinstimmen, so bitten wir um Nachsicht.
It’s only Rock’n’Roll. But we like it.

„Die einzige Möglichkeit, etwas vom Leben zu haben, ist, sich mit aller Macht hineinzustürzen“ sagte einnmal Angelina Jolie. Und ich glaube Günther Holtschik hätte sich nie träumen lassen, Inhalt eines Buches zu werden und sein Leben und seine Erfahrungen bibliophil zu hinterlassen.

Für die einen ist Musik einfach nur ein Abfolge an Tönen (meistens wird drüber gemeckert), aber für andere ist Musik eine Zeitmaschine: ein Lied und schwupps ist man wieder xx-Jahre und fiebert aufgeregt seinem ersten Konzert entgegen, oder erinnert sich an den ersten Kuss bei einem bestimmten Lied, oder flennt los, weil einfach Bilder im Kopf. Unser Protagonist fiebert ähnlich seinem 18. Konzert der Stones entgegen und ist einfach glücklich. Die Macht der Musik ebend, oder wie Andi sagt: Ein treuer Freund in schweren Zeiten, ein Licht der Hoffnung in dunkler Nacht.

Es beginnt, wie jedes Menschenleben, in der Kindheit. – Die Kindheit, manchmal verklärt, manchmal mit verbittertem Blick eines Erwachsenen, welcher eh alles anders gemacht hätte. Hier, einfach Kind sein – akzeptieren, dass Materialismus begrenzt ist und die kleinen Freuden eines selbst gekauften Comics oder Kaugummis, weil’s halt net alltäglich war. Vergleiche mit der Jetzt-Zeit verlieren unglaublich an Charme, wenn man dies ins Verhältnis setzt. Es muss nicht immer das neueste Game für die Konsole sein, manchmal (damals 1965) konnte schon ein gut geschriebenes Magazin, mit dem Abbild einer anderen Welt für Furore sorgen. Damals hatte auch die BRAVO noch eine Konsistenz und lesenswerten Inhalt, aber wann habe ich zuletzt darin geblättert?

Die Verlockungen der Teenagerzeit – Erinnert ihr euch an den Geruch der alten Schallplattenläden, der Vorfreude neue Scheiben ergattern zu dürfen und im Schneidersitz vorm Gerät zu sitzen und zuzusehen, wie die Nadel über die Rillen hupfelt? Seine erste eigene Vinyl in Besitz zu nehmen, akustisch und mit dem Herzen dem Lied zu folgen – ein Genuss. Manchmal kann man mit solchen Gefühlen die Traurigkeit eines desolaten Elternhauses verdrängen oder den Verlust geliebter Menschen verarbeiten. Die Omi bleibt immer in Erinnerung und im Herzen.

Was bringen Verbote? Gut der Prater bei Nacht ist wahrscheinlich heutzutage etwas anderes als damals, aber ein Buab von 12 hat da net allein rumzustromern. Aber die Musik zog ihn hinaus in die verbotene Stadt, die Erfüllung der Sehnsucht durch Musikboxen – manchmal ist es eine Kleinigkeit, welche einen leitet. Schwerer fände ich die Unterscheidung: The Beatles oder doch The Rolling Stones.

Und so vergeht ein Menschenleben – und gleichzeitig sieht man, wie sich sowohl Wien als auch die Musikwelt verändert. Ein Streifzug durch die Geschichte im Schnelldurchlauf und mit den Augen eines Anderen. Manchmal klingen leichte Kritikpunkte an der Gesellschaft und den Zwängen ebenjener durch, aber was man nicht ändern kann, daran wächst oder zerbricht man. Über allem liegt die unbedingte Liebe und Leidenschaft für Musik und die Menschen dahinter. Bands kommen und gehen, einige bleiben und hinterlassen tiefe Spuren in seinem Leben. Und auch Wien ist eine stille Hauptfigur in diesen Zeilen: die Menschen, welche hier ihre Fußabdrücke hinterlassen haben, die Orte, welche nicht mehr sind und die Orte, welche immer noch ihr Dasein rechtfertigen.

Natürlich ist nicht alles „Peace, Love und Music“. Er verschweigt noch beschönigt er seinen Drogenkonsum und dessen Folgen. Und das Geld nicht auf der Straße liegt, wird oft genug schmerzhaft deutlich. Auch macht die Gesundheit ihm hin und wieder einen Strich durch die Lebensplanung.

Ich könnte euch jetzt noch mehr von diesem Buch erzählen, der Faszination das Leben eines Anderen sozusagen live mitzuverfolgen, mehr schreiben und meine Gefühle ausdrücken (und man! das Buch nimmt dich mit auf eine Reise) aber ich denke, dass geht am Ziel vorbei. Lehnt euch zurück und genießt den Moment, das Buch in der einen und den Kaffee in der anderen.
„Das Gestern ist fort – das Morgen nicht da. Leb‘ also heute!“

Zwei Stunden lang werde ich wieder zwölf sein. Und einfach nur glücklich

Danke an Andi & seine Crew, an den Protagonisten Günther und alle die dieses Projekt ermöglicht haben.