Behind the Spotlight – Menschen hinter der Musik – 01/24

Diese Interviewreihe wird ein Licht auf die Menschen werfen, welche sich freiwillig in die Massen stürzen um gute Shots zu liefern, Stunden Ihrer Zeit damit verbringen, die Musiker zu unterstützen, und das meistens kostenlos.

Künstler: Anthalerero aus Österreich – für Freunde Antha

Ich weiß gar nicht, wie lange ich Antha schon kenne und zu meinen engsten Freunden zählen darf. Am Anfang war ich ein bisserl zurückhaltend, doch mittlerweile gehört sie zu meiner Family. Man muss sich nicht permanent auf den Sack gehen, aber man weiß, dass sie für einen da ist, wenn es brennt.

Bekannt wie ein bunter Hund, ein Energiebündel, was auch mal chillen kann und es gibt kaum was über Musik, was sie nicht weiß. (Voll der Klugscheißer halt.) Ihre Schreiberqualitäten lassen einen entweder vor Lachen am Boden liegen oder an den Kettensätzen verzweifeln. Photographisch legt sie ein Pensum vor, was für 3 Kameraträger reichen würde.

Aber genug der Bauchkraulerei – ich habe mein 1. Opfer für die neue Interviewreihe. *muaahaa*


Intro

Dein Start in die Musikwelt?

Ich wurde wie Scharen an anderen Kindern gezwungen Blockflöte zu lernen – über die Sackgasse Saxophon bin ich beim Schlagzeug gelandet. Dann sind irgendwann gegen Ende der Pflichtschulzeit so Bands wie Twisted Sister, Iron Maiden, Sex Pistols und AC/DC in die Musiksammlung gerutscht, die erste Band passiert, die ersten Jobs als Techniker… und so gings weiter. So richtig tief in die Metalszene gekommen bin ich allerdings erst so ab 2003 herum.

Wie bist du zur Knipserei respektive Schreiberei von diversesten Artikeln gekommen?

Nachdem ich 2012 als Bühnentechniker aufgehört habe, habe ich die Arbeit in der Musikszene doch ein wenig vermisst… durch Zufall bin ich dann Mitte 2013 durch einen Bekannten beim österreichischen Online-Zine Stormbringer gelandet. Fotografiert und Getextet habe ich immer gerne, so war der Schritt eigentlich naheliegend.

Du machst ja noch vieeeeele andere Sachen (Videodrehs, Bands bei der Entwicklung zu unterstützen, Photoshootings für Privatpersonen, etc.). Wie kam das und wie kann man dich buchen?

Ja, was soll ich sagen… ich kann nicht stillsitzen und ich hasse Eintönigkeit und Routine. Ich brauche immer wieder Neues, abwechslungsreichen Input und frische Herausforderungen. Dadurch probiere ich auch vieles aus – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Was mir gefällt und was mir liegt, dabei bleibe ich, anderes gebe ich auch wieder auf, wenn ich merke, dass ich dafür nicht so geeignet bin.

In das Meiste bin ich irgendwie reingerutscht, weil über das Fotografieren und die journalistische Arbeit eines zum Anderen führte. Was ich aus vielen Experimenten mit neuen Aufgaben gelernt habe ist, dass es besser ist, weniger Dinge wirklich gut zu machen, als möglichst viele Dinge ein bisschen zu können.

Buchen kann man mich über meine Homepage www.antha.at.

Zur Schreiberei

Schreibst du lieber Reviews oder Konzertberichte?

Beides zu gleichen Teilen. Bei Konzertberichten kann ich kreativer agieren und mehr mit Worten spielen, bei Reviews kann ich mein Fachwissen und nerdige Hintergrundstorys besser anbringen, aber versuche dabei trotzdem immer mit spannenden Formulierungen oder Textformaten den Einheitsbrei zu durchbrechen. So habe ich z.Bsp. aus Spaß einmal ein komplettes Review zu einer EP rückwärts geschrieben.
Seit einer chronischen Schmerzerkrankung der Hände/Arme sind monotone feinmotorische Tätigkeiten extrem anstrengend und schmerzhaft geworden, weswegen ich meine ausufernden Textergüsse 2023 leider aufgeben musste.

Was war dein persönlich bester / schlechtester Artikel? Bzw. auf welchen wirst du ends oft angesprochen?

Oh man, da gibt es viele positiv wie negativ diskutierte Beiträge von mir… eines meiner persönlichen Highlights war bestimmt der komplett entartete Konzertbericht einer Black Metal Show in Salzburg (Headliner EIS und NEGATOR). Die Soundqualität war bei allen vier Bands so unfassbar grottig, dass ich nicht wusste was ich überhaupt über das Konzert schreiben sollte – dann dachte ich mir, probier’ es mit Humor und stell dir vor, diese infernalische Tonkulisse würde jemand besuchen der in seinem Leben noch nie auf einem Konzert war. Eine Nacht später hatte ich auf einmal statt einer Live-Review eine 20.000 Zeichen starke Horrorstory – die das Magazin tatsächlich veröffentlichte. Drei von vier Bands haben es gefeiert, eine redet deswegen bis heute nicht mehr mit mir.

Der Artikel, auf den ich am meisten angesprochen werde (kurioserweise auch heute noch, obwohl ich nicht mehr aktiv bei dem Magazin tätig bin) ist meine investigative Abhandlung über die Band DEFRAGE (später ILLUMENIUM, aktuell CALIFORNIA CONDOR). Ich war einer der ersten Szeneschreiber, die das Thema der ehemaligen von MTV ausgezeichneten Band aufgegriffen hat, die nach einem erfolgreichen Album nur noch mittels größtenteils als Fake-Mitglieder auftretenden CD-Verkäufern auf diversen Parkplätzen von Shoppingcentern in Erscheinung trat.

Über meine schlechtesten Artikel müssen andere urteilen, ich habe immer versucht nach bestem Wissen und Gewissen objektiv und sachlich zu bleiben und mit Kritik nie ins Böswillige oder Beleidigende abzudriften. Dass manches humorige Stilmittel auch missverstanden wurde, liegt in der Natur der Sache. (siehe Antwort zur übernächsten Frage)

Warum zum Geier liebst du Schachtelsätze? (die sind manchmal so, dass man am Ende nicht mehr weiß, wie der Anfang ging.)

Ich bin im Grunde meines Herzens ein verkappter Freizeitgermanist und leidenschaftlicher Grammatiknazi. Und ich liebe Schachtelsätze, da mich die Möglichkeiten der deutschen Sprache, wenn man sich darauf, was man ruhig, wenn man möchte, sollte, einlässt, immer wieder überraschen. (Anm.d.Red. Ihr seht was ich meine?!)

Extra kurz gehalten, viel Spaß beim gedanklichen Sortieren! In meinen extremsten Zeiten ging ein Satz schon einmal über 10 oder 15 Zeilen, was bei manchen Lektoren bereits Schweißausbrüche indizierte, sobald sie nur einen meiner Artikel in der Korrekturschleife ansichtig wurden. Ich glaube, ich habe viele Lektoren verschlissen (unter anderem mit meiner konsequenten Verwendung der dritten Person in meinen Artikeln, sowie Diskussionen über mein Lieblingsverb der deutschen Sprache: auserkiesen – ich weiß die meisten Leser werden das jetzt nachschlagen…), ehe ich selbst in ebenjenes Amt „befördert“ wurde… und vermutlich so manches Trauma bei Schreibern hinterlassen habe. (Anm.d.Red. Jazzy war viel hartnäckiger, ich erinnere mich an viele Diskussionen mit “Nein” “Doch das geht so” “Nein” ….”)

Die kurioseste Reaktion auf einen Artikel und deine Reaktion darauf?

Das war definitiv mein Live-Review zum ersten Dome Of Rock Festival im Rockhouse 2016. Ich habe eine unaufgeregte morgendliche Kurzanalyse über die das Festival eröffnende Progrock-Band veröffentlicht, in der ich auf die unverdienterweise magere Kulisse hinwies, Performance und Songmaterial der Band lobte und ihr wohlwollend einen PINK FLOYD-Vibe attestierte und zum Schluss noch einen kleinen humorigen Verweis auf den hübschen Schlagzeuger am E-Drumkit, der auf der vergleichsweise großen Bühne verloren wirkte, gewagt.

Ich habe ihn als „herzig“ und sein Drumkit als „klein“ bezeichnet. Woraufhin der gute Herr meinem Magazinchef ein ellenlanges Email mit Klagedrohung schickte, sollte der „Verriss“ seiner Band nicht sofort entfernt werden und außerdem hätte seine (Zitat!) „Körpergröße, Hautfarbe und Penislänge nichts mit der Musik zu tun“ – unterfertigt mit vollen Namen und akademischen Titeln.
Auf meinen internen Vorschlag, ob ich dem erhitzten Herren einfach zurückschreiben dürfte wegen der Penislänge sollte er mal bei mir vorstellig werden, dann könnten wir drüber reden, pfiff mich mein Cheffe zurück und begann eine sachliche Diskussion per Email mit dem beleidigten Musiker. Oder versuchte es zumindest. Nach abstruser werdenden Vorwürfen („die pizzafressende Redakteurin schreibt ihre Artikel wohl auf Klopapier!“) und vielen Beleidigungen seitens des virtuell Amok laufenden Akademikers, gab auch Cheffe auf, löschte den Artikel und ersetzte ihn durch einen Hinweis auf die mangelnden Nehmerqualitäten eines Musikers (höhö) und setzte die Band auf die Blacklist des Magazins.
Fun Fact: die Band löste sich ein Jahr danach auf und besagter Musiker hat inzwischen Hausverbot in der Location. Hoppala…

Was ist das größte Problem, was Online-Websiten / Printmagazine in Bezug auf schreibbereite Personen hat? (da du das schon ne Weile machst, kannst du das sicher beurteilen)

Im Online-Bereich ist es oft leider die mangelnde Qualitätskontrolle, da sich im Prinzip jeder eine Webseite basteln und drauflos legen kann, egal ob ein gewisses Rüstzeug in Form von Fachwissen oder Schreibkenntnissen vorhanden ist. Dafür sind aber in der online-Publikation mehr Freiheiten da, vor allem was den Umfang und die (Un-)Abhängigkeit von Labels/Agenturen angeht.

Printmagazine sind durch die Notwendigkeit sorgfältigerer Recherche häufig qualitativ vorne, dafür ist der Umfang der Berichterstattung deutlich limitiert und wird durch die Finanzierung (Stichwort Werbeeinschaltungen von Spartenlabels/Agenturen) zusätzlich in seiner Objektivität eingeschränkt. Wenn das Label drei Seiten Coverstory zahlt, kannst die Scheibe halt, auch wenn’s ein Totalausfall ist, nicht total verreißen… (Anm.d.Red. Was auch bei Onlinemagazinen teils merkwürdige Blüten trägt, wenn der 1.Entwurf ein Verriss ist und der Chef dies so nicht dem Plattenlabel verkaufen kann. Die daraus resultierende Kreuzigung der 2.Geige war unnötig.)

Dein liebstes Opfer für Schreibattacken? Und welche Band würdest du gerne noch beschreiben?

Oooh, es gab da mal eine deutsche Band, die konsequent jedes Jahr ein Album auf den Markt geworfen hat, in permanent wechselnder Besetzung und immer neuen Stilvariationen. Leider aber immer mit einem ähnlichen Ergebnis, das mehr Gehörgangsschmerzen als -genuss bedeutete, was ich dann ebenso konsequent über Jahre hinweg sachlich zerpflückte. Nach 8 Jahren haben sie entweder aufgegeben, oder mir einfach nichts mehr geschickt…

Ehrlich gesagt… habe ich mich vermutlich schon über fast alles mehr oder minder wortreich hergemacht…

Zur Photographie

Wie schaffst du dieses Pensum? (wir reden hier von tw. 3 Konzerten pro Woche so im Durchschnitt)

Freude an Konzerten, gepaart mit diszipliniertem und organisiertem Arbeiten. Ein ordentlicher Dachschaden hilft auch dabei 😉

Fällt es dir einfacher Bands, welche du magst, zu knipsen? Oder bist du da pingeliger?

Tatsächlich ist es mir egal, ob ich die Bands musikalisch oder persönlich mag – ich versuche immer das Bestmögliche herauszuholen. Egal ob ich gerade lauthals mitsinge, oder mir der Lärm eher auf die Nerven geht. Ich mache da auch keinen Unterschied ob eine weltbekannte Band vor meiner Linse herumturnt, oder die Nachwuchsband aus Hintertupfing versucht ihren ersten Gig unfallfrei über die Bühne zu bekommen. Ich bevorzuge sogar eher den Underground, da ich die weniger bekannten Bands interessanter finde, als die drölfzigsten gleichen Shots der routinierten Headliner die man bei dutzenden Szenefotografen auch bekommt.

Nur wenn ich mit Bands / Musikern ärgere / persönliche Differenzen habe, nehme ich mir auch mal heraus die Kamera im Holster zu belassen.

Was macht für dich ein gutes Bild aus? Und wie lange schubst du Pixel bist du zufrieden bist?

Schwierig, Geschmäcker können so verschieden sein. Ich persönlich male gerne mit Lichtern und versuche oft eine gewisse harmonische Geometrie in die Bilder zu bekommen, die von dem im Fokus stehenden Musiker durchbrochen wird, um diesen besonders hervorzuheben. Dadurch spiele ich auch viel mit verschiedenen Perspektiven, speziell auf kleinen Bühnen rutsche ich dafür oft auf Knien herum, um die Enge des Raumes aufzubrechen und alles etwas „mächtiger“ aussehen zu lassen. Ich glaube das ist dieser „Stil“, der sich mit der Zeit entwickelt.

Früher war ich definitiv länger mit editieren beschäftigt. Durch die Erfahrung mit den Jahren lernt man mit unterschiedlichen Verhältnissen besser umzugehen und spezialisiert sich automatisch auf die Szenerien mit denen man oft konfrontiert ist. Ich arbeite seit einigen Jahren viel mit selbst erstellten Presets, die auf Locations und Lichttechniker in/bei denen ich häufig fotografiere optimiert sind – da muss ich dann nur noch wenige Parameter anpassen, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen.

Wer fehlt dir noch auf der Schussliste? (Jeder Photograph, den ich kenne, hat eine To-Knips-Liste mit Bands.)

Trivium, Kamelot, Amon Amarth und The Halo Effect hätte ich gerne mal vor der Linse.

Reine Neugier

Was hat dich immer am meisten verschnupft, bei der Arbeit für andere Magazine / “Chef”redakteure?

In erster Linie ist es immer wieder mangelnde Wertschätzung, auf die man die Probleme herunterbrechen kann. Dass so vieles als gegeben und selbstverständlich genommen wird, wenn Leute mitunter ihre komplette Freizeit in die (Mit-)Arbeit an einem Magazin stecken. Wenn man dann z.Bsp. aufgrund von berechtigter Kritik an mehrmals negativ auffällig gewordenen Kollegen, deren immer wieder gleiche Fehler man pausenlos aufs Neue korrigieren musste, selbst attackiert wird, oder sich als Endverantwortlicher für ungebührliches Verhalten anderer bei Konzerten entschuldigen musste und dafür dann selbst die rote Karte bekommt, ist das extrem frustrierend.

Wenn dann zusätzlich noch die Chefetage bei Problemen wahlweise mit kompletter Abwesenheit und Desinteresse glänzt, oder die Verursacher der Probleme in Schutz nimmt oder sogar befördert und denjenigen, der versucht den Schaden zu begrenzen dafür beschneidet oder rauswirft, ist die Eskalation vorprogrammiert. (Anm.d.Red. True!)

Den größten Faux-Pas, den ein Kollege im Graben machen kann / gemacht hat?

Ich habe eine Abneigung gegen Live-View Fotografen, die einem knallhart von der Seite die Kamera vor die Linse hängen und einem damit Shots vermasseln… Auf meiner Beliebtheitsskala ganz oben sind auch die Subjekte, die einen während des Fotografierens permanent anlabern. Ich kommuniziere auch gerne mal im Graben, aber eine Abhandlung über Vor- und Nachteile irgendwelcher Gearteile hat während der ohnehin nur drei Songs im Graben nichts zu suchen!

“What happend on Tour – Stays on Tour” – aber juckt es dich nicht doch manchmal, das alles zu Papier zu bringen?

Niemand möchte die Büchse der Pandora öffnen… haha!

Natürlich juckt es mich manchmal, ab und an bekommt man von mir ja auch Backstage einige Anekdoten zu hören. Aber generell hat das Sprichwort schon seine Berechtigung – nicht alle Beteiligten so einer Situation möchten unbedingt die Geschichten, wenn man z.Bsp. eingenickte Bandmitglieder auf dem Autobahnklo vergisst irgendwo lesen. Manches ist vor allem auch erst lustig, wenn man Namen und Backgrounds kennt… 😉

Diese Frageliste würde ausarten – aber ich komme ja sonst nie dazu. 🙂 Danke schön, dass du dir das antust.

Gerne! Als ob die Antworten jetzt weniger ausgeartet wären… (Anm.d.Red. Zarte 5 Seiten – chillig)

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